Preisträger*innen, Preisträger*innen 2016, Sprichcode Archiv

Sieger*innen Literatur 2016

Wir gratulieren den Siegerinnen!

Sieger*innen Literatur:

Sprache 14-17:
Hannah Fink | Denn langsam
Tom Klein | Herr K in Anlehnung an Herrn B, Sanddünen

Sprache 18-25:
Judith Pallitsch | Die Glaswand

Denn langsam | Hannah Fink | Preisträgerin 14-17

Denn langsam

Ich spüre das Wasser, das meine Füße. Das grobe Holz des Steges, das an meine Hände. Ich kann den aufgekrempelten Jeansrand fühlen, dort, wo die Wasseroberfläche gerade noch meine Hose. Die Sonne scheint, ich merke sie, ganz warm auf meinen Augenlidern und an meinem. Ich höre den Lärm hinter mir, von Zeit. Vielleicht sind es Motorräder, es hört sich nach schweren. Dann ist da wieder Kindergeschrei, und ich höre das unschuldige Lachen und fernes. Ein leichter Westwind weht, das kann ich ganz genau. Mein T- Shirt wird durch den Wind an meinen Körper gepresst und nach hinten.

Die Wärme macht mich schläfrig und ich überlege kurz, mich am Steg. Ich sehe eine Frau mit Kleinkind auf. Sie kommen kurz näher, das Kind schaut auf das. Die Frau spricht zu dem Kind und zeigt aufs.
Ich schaue auf ihren Mund, beobachte die sich lustig verformenden. Jetzt hebt das Kind den Kopf, sieht das Ding da am. Was ist das, was sie? Ach, ein kleines. Ich blinzele in die Sonne, und schaue reglos zum. Die beiden entfernen sich wieder, ich schaue ihnen. Ich denke nach über das Leben, über Träume und. Wie träumen eigentlich Babys, diese? Wie träumen Blinde, das? Leute, die nichts sehen, erleben in der Nacht die. Sie hören Gespräche, Musik, oder..
(…)

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Tom Klein | Herr K in Anlehnung an Herrn B, Sanddünen

Herr K in Anlehnung an Herrn B

Dann
ging die Welt unter
und
der mann mit hut
setzte sich eine Mütze
auf und 
ging spazieren.

Sanddünen


Er wachte auf Schweiß gebadet.
Gebadet in Schweiß
Um kurz vor halb 5.
In der Luft versenkt.
Er überlegte, wer der Begründer der russischen Avantgarde sei.
Es fiel hm ein.

Die Glaswand | Judith Pallitsch | Preisträgerin Sprache 18-25

Die Glaswand

Nathalia steht wieder einmal vor dem Spiegel. Ich tue so, als würde ich sie nicht beobachten. Wie sie sich hin- und herdreht. Im Profil. Dann von vorne und natürlich von hinten. Mal die Lippen gespitzt, sodass ihre hohen Wangenknochen noch mehr zur Geltung kommen. Mal Schlauchbootlippen mimend. Alle paar Minuten hat sie ein anderes Outfit an und wiederholt aufs Neue dieses Ritual. Im Endeffekt zieht sie, vollkommen unzufrieden seufzend, wieder das erste Outfit an. Für mich sehen sie alle gleich auch. Kurz, eng und unbequem.
Ich widme mich wieder meinem Buch, finde aber nicht einmal die richtige Zeile. Schon lange weiß ich nicht mehr, worum es darin eigentlich geht. Oder vielleicht habe ich es nie gewusst. Ich kann mich nicht mehr darauf konzentrieren. Alles scheint bei mir zur unwichtigen Nebensache geworden zu sein, während für Nathalia Kleinigkeiten die Welt bedeuten.

Nathalia und ich teilen uns seit unserem Umzug ein Zimmer. Wir wohnen in einem kleinen Reihenhaus am Rande irgendeines „gottverlassenen Dorfes“, wie Nathalia diese Kleinstadt immer nennt. Mir ist ziemlich egal, wo wir wohnen. Ich verbringe sowieso die meiste Zeit im Bett.
Unser Zimmer ist eigentlich das Wohnzimmer des Hauses. Der größte Raum im Erdgeschoß. Mit einem direkten Zugang zur Terrasse, die aus einer riesigen Glaswand besteht. Die gesamte hintere Hausfront wird von der verglasten Hintertür eingenommen. Mehrere fest verbaute Glasteile und eine große gläserne Doppelschiebetür. Wenn man nicht genau hinsieht, kann man gar nicht erkennen, was Wand und was Tür ist.
Die Terrasse verläuft eben zum Grundstück. Kein Hindernis also für einen Krankenwagen, der nun, nachdem mein Vater mühevoll die Einfriedung abgerissen hat, einfach über das Grundstück fahren kann. (…)


Die Jury: Gustav Ernst | Karin Fleischanderl | Anna Weidenholzer

Gustav Ernst | Karin Fleischanderl | Anna Weidenholzer