Preisträger*innen, Preisträger*innen 2016

Denn langsam | Hannah Fink

Preisträgerin 2016 | 14-17 Jahre

Bevor Sie den Text lesen, würde ich Ihnen gerne eine Erklärung liefern,
um das Lesen des Textes im Anschluss verständlicher zu machen.
Der Text erzählt von einer jungen, an Demenz erkrankten Frau,
die am Wasser Venedigs sitzt und nachdenkt.
Die fehlenden Worte demonstrieren ihre stückhaften, unvollständigen Gedanken,
die Teil ihres Krankheitsbildes repräsentieren.
Weiters ist der Text ein Versuch, literarische Normen zu brechen.

 

Denn langsam

Ich spüre das Wasser, das meine Füße. Das grobe Holz des Steges, das an meine Hände. Ich kann den aufgekrempelten Jeansrand fühlen, dort, wo die Wasseroberfläche gerade noch meine Hose. Die Sonne scheint, ich merke sie, ganz warm auf meinen Augenlidern und an meinem. Ich höre den Lärm hinter mir, von Zeit. Vielleicht sind es Motorräder, es hört sich nach schweren. Dann ist da wieder Kindergeschrei, und ich höre das unschuldige Lachen und fernes. Ein leichter Westwind weht, das kann ich ganz genau. Mein T- Shirt wird durch den Wind an meinen Körper gepresst und nach hinten. Die Wärme macht mich schläfrig und ich überlege kurz, mich am Steg.

Ich sehe eine Frau mit Kleinkind auf. Sie kommen kurz näher, das Kind schaut auf das. Die Frau spricht zu dem Kind und zeigt aufs.

Ich schaue auf ihren Mund, beobachte die sich lustig verformenden. Jetzt hebt das Kind den Kopf, sieht das Ding da am. Was ist das, was sie? Ach, ein kleines. Ich blinzele in die Sonne, und schaue reglos zum. Die beiden entfernen sich wieder, ich schaue ihnen. Ich denke nach über das Leben, über Träume und. Wie träumen eigentlich Babys, diese? Wie träumen Blinde, das? Leute, die nichts sehen, erleben in der Nacht die. Sie hören Gespräche, Musik, oder.

Über den Einfluss von Alkohol denke. Über die Dinge, die man mit Alkohol viel leichter und. Als hätte man durch das Trinken sich befreit von. Kann das wirklich? Und sagt man dann immer die? Ich denke über die Menschen. Menschen, die zueinanderfinden und. Menschen, die nach Glück. Mit welchen Menschen bist du am? Wann bist du? Was zeichnet dich?

Ich frage mich so unglaublich viele. Es gibt Dinge auf der Welt, deren Bedeutung ich. So viele Fragen und Gedanken und trotzdem scheint es. Wie als würden die Gedanken nur kurz. Wie eine mit Blättern gelegte Zeichnung, die. Dann kommt ein bisschen Wind und. Die Frage verwischt und bildet. Die Worte verschwinden, oder arrangieren. Ich fühle mich. Als hätte ich die Kontrolle über. Hatte ich sie?
Manchmal werde ich größenwahnsinnig und denke an die ganze. An die riesige Vielfalt, auf der Erde und im. Wann wird die Wissenschaft anderes Leben auf fremden Planeten?

Wie viele Menschen aus meiner eigenen Stadt habe ich schon? Alle oder weniger als? Und wie viele haben mich dann?

Die Fragen überfallen mich und ich kann nichts anderes machen als ruhig. Naja, ich kann mich auch hinlegen, um. Die Ärzte und Ärztinnen haben zu mir gesagt, zu viel Aufregung ist. Sie empfehlen einen ruhigen Tagesablauf, Routine ist. Ich sollte zuhause sitzen und Sudoku. Aber ich kann. Ich kann und will nicht. Ich verzweifle mit diesen. Ich fühle mich dadurch nicht gestärkter im. Ich fühle sie bewiesen, meine. Meine Schwäche fliegt auf und ich kann mich nicht. Doch, ich kann das Sudoku wegschmeißen und. Bis sie Neues.

Doch ich bin weggegangen, gleich. Ausgerissen aus meinem eigenen.

Ich schaue einmal über meine Schulter, doch ich sehe keine. Einmal habe ich meine Pflegerin mit Luisa. Beide waren entsetzt und besserten mich. Sie waren entsetzt, doch ich hatte Angst vor. Vor mir selber und. Vor meinem Gehirn und dessen. Der zunimmt jeden Tag, sagen. Doch heute läuft es. Ich liege nun hier, und denke und denke und lasse mich. An manchen Tagen ist es. So wie heute, da. Ich bin. Und irgendwie vielleicht. Ich muss die besseren Momente. Wahrscheinlich kommen sie nicht. Nie wieder, denn langsam falle ich, bis ich.

Meine Gedanken schweifen zu den Geflüchteten, die aus. Es hat geheißen, wenn ein vorbeifahrender Fischer am Wasser. Er verstößt gegen das Gesetz, denn obwohl. Wie heißt dieses unmenschliche Land, wo wir hier? Helfen in der Notlage ist jedes. Leben ist unser.
Ich drehe mich langsam auf. Mein Mund berührt das Holz, die Nase. Ich seufze und beobachte zwei alte. Sie sitzen am Strand und warten auf. Ich kneife die Augen zu und versuche zu erkennen. Ich kann nichts in ihrer Reichweite erkennen, auf das es sich zu Warten. Eine einsame Katze streunt herum, sie schnurrt und sucht. Ich mag keine.

Doch wie man sagt, haben Katzen sieben. Oder so ähnlich, ich weiß es. Das wäre schön, oder wäre es? Ich verziehe meinen Mund und denke. Schon den ganzen. Die Sonne wird schwächer, sie sinkt, es ist. Ich drehe mich ein bisschen, um mein Gesicht zu. Das Interessante ist, dass ich nie weiß, was als nächstes. In meinen Gedanken, meine.

Vielleicht kommst als nächstes du, wäre das? Vielleicht ist das. Oder nicht gedanklich, sondern in. Das wäre, glaube ich, schön, denn. Nein, ich weiß, dass es schön. Wir haben uns schon so lang nicht mehr. Es scheint mir wie eine Ewigkeit zu. Oder war es gestern, als wir uns das letzte Mal?

Kategorie: Preisträger*innen, Preisträger*innen 2016

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