44er Galerie, News

ARTIST TALK mit ADELHEID RUMETSHOFER

Jasmin Leonhartsberger hat die Künstlerin Adelheid Rumetshofer zu ihrer aktuellen Ausstellung  »PRÄSENZEN« in der 44er Galerie befragt.

KUVA: Adelheid, deine künstlerischen Arbeiten wirken durch ihre Farben. Übergänge, Farbverläufe, Wechselwirkungen mit anderen Farbtönen lassen ein wunderbar atmosphärisches Bild entstehen, das einen in der Betrachtung hineinzieht und gleichzeitig zu sich selbst zurückwirft.
Wie geht es dir selbst dabei, wenn du deine Arbeiten ansiehst, unabhängig vom künstlerischen Schaffensprozess? Und in welcher Form drückt der Ausstellungstitel „Präsenzen“ diese Wirkung aus?
ADELHEID: Genau das ist der Punkt – die Präsenz. Immer. Wenn ein Bild auf der Staffelei zum Abschluss kommt, wird es einer strengen Prüfung unterzogen. Ich betrachte es dann eingehend und stelle mir die Fragen: Hat es Kraft? Hat es Präsenz? Ist es eine für sich stehende Entität? Damit meine ich, ob es Wahrnehmungserlebnisse auslösen kann, die in mir die Trennungen von Zwei- und Dreidimensionalität, Immateriellem und Greifbarem, Zeit und Raum verschwimmen lassen. Das stelle ich als Anspruch; das ist auch, was es zu untersuchen gilt. Wenn ich diese Fragen nicht mit JA beantworten kann – und das Bild MUSS FÜR SICH stehen können – arbeite ich daran weiter. Das ist für mich deshalb so wichtig, weil ich die betrachtende Person und das Bild mit ausgesprochener Absicht alleine lasse – lassen will. Um einen Dialog zwischen diesen beiden ermöglichen zu können, ist es notwendig mich als Kreatorin zurückgezogen zu haben. Ich mag die Idee, keine Hand, keinen Duktus oder Bewegungsablauf von mir als Künstlerin zu hinterlassen.
KUVA: Deine beiden großen Serien sind die Floatings und die Liminals, die sich vor allem im Bildaufbau unterscheiden – Floatings sind eher auf die Mitte (früher auch die Horizontale) hin ausgerichtet, die Liminals betonen die Vertikale. Was ist für dich das besondere an deinen beiden Serien und worin unterscheiden sie sich?
ADELHEID: Das verbindende Element dieser beiden Werkreihen ist sicher die Farbgebung, die Art des Farbauftrages und der Malweise. Der Unterschied liegt ja optisch eindeutig vor: der Bildaufbau – dieser induziert Aussage der Arbeit und darin unterscheiden sich die Serien eklatant. Bilder der Floatings-Reihe fokussieren das betrachtende Auge ganz klar zur Bildmitte hin, halten es regelrecht in Starre. Die Bilder der Werkreihe Liminals hingegen bringen das Auge in Bewegung. Durch die vertikal ausgerichteten Bildelemente entsteht eine Wellenbewegung, der das Auge folgt. Was dann in weiterer Folge bei längerer Betrachtung passiert kann jede/r Einzelne individuell erfahren.
KUVA: Wenn man die Ausstellung „Präsenzen“ durchstreift, findet man eine Werkserie, die heraussticht: In Raum 4 hängen zwei Kupferplatten nebeneinander. Die Wirkung aus der Ferne ist mit deinen Malereien vergleichbar, doch bei näherem Betrachten sind sie doch ganz neuartig und anders. Was hat es mit dieser Serie auf sich?
ADELHEID: Diese zwei Arbeiten stammen aus einer kleinen Werkreihe die ich VANISHINGS nenne. In dieser habe ich das Konzept meiner Malereien umgekehrt. Während bei den Arbeiten auf Leinwand, Floatings wie Liminals, Farbschichten übereinandergelegt werden und somit das Bild aufbauen, wird hier die Farbe partiell wieder abgenommen und der darunterliegende Grund – in diesem Fall die Kupferplatte – kommt zum Durchschein, wird vom Bildträger zum Bildteil. Zerstörung als Schaffensprozess.
KUVA: Grundsätzlich beschäftigst du dich verstärkt mit der Farbe Blau, doch auch Violett ist eine wiederkehrende Farbe deiner Werke. Welche Bedeutung hat die jeweilige Farbe in deinem Schaffensprozess? Wie wählst du sie aus? Und wie entsteht eigentlich ein Bild von Adelheid Rumetshofer?
ADELHEID: Vieles passiert intuitiv. Aber richtig – für Blau habe ich eine subjektive Vorliebe, die offensichtlich ist. Diesem Empfinden gebe ich auch gerne nach. Mit der Farbe Blau assoziieren wir Menschen Weite, sogar Unendlichkeit, Ruhe, Gelassenheit und dergleichen. Diese Symbolik kommt meinem Schaffen sehr entgegen und ich mache sie mir in meiner Arbeit zunutze. Aber wer meine Bilder eingehender betrachtet, wird entdecken, dass viele weitere Farben darin enthalten sind. Nur erschließen sie sich nicht unmittelbar – erst nach längerer Zeit lassen sich mehr oder weniger ausgesprochene Farbschimmer von rot, grün, türkis… ausmachen. Allgemein kann ich sagen, die Farbpalette ist zurückhaltend und niemals bunt. Ich will keine Bilder die von der Wand schreien. Sie sollen niemals laut sein, aber sich behaupten. Das bestimmt den Farbklang – wobei ich ein dunkles Timbre bevorzuge, das für mich geheimnisvoller und interessanter ist.
Zum Entstehungsprozess: die Bilder entstehen zuerst im Kopf. Ich folge dieser Vorstellung und beginne mit dem Mischen der Farben für die ersten Pinselstriche diese in die sichtbare Dimension zu transponieren. Das sind für mich besondere Momente, weil die leere Leinwand – dieser Raum unermesslicher Möglichkeiten, dieses noch-nicht-Sein – eine Aufforderung zum Handeln ist und eine ungeheure kommunikative Kraft in sich birgt. Ich baue die Bilder in Schichten auf, solange bis meine Vorstellung und das Sichtbare in Balance sind. Ich modelliere die Farbe minutiös über die gesamte Bildfläche – so entstehen die fein nuancierten Farbdurchdringungen.
KUVA: Wir freuen uns sehr, dass eine Öffnung der Ausstellung vor Weihnachten noch möglich ist! Für den kurzen Zeitraum, in dem der Besuch möglich ist – warum soll man sich die Ausstellung unbedingt ansehen und worauf können sich die Besucher*innen freuen?
 ADELHEID: Ja, ich freue mich auch! Es sind diese zwei Wochenenden an denen letztendlich ein Ausstellungsbesuch möglich ist, wie zwei Klammern, die eine schwierige Zeit einfassen.
Da die Ausstellungsfläche der 44er Galerie aus mehreren, größeren wie kleineren, Räumen besteht, war es mir bei der Auswahl und der Hängung der Arbeiten wichtig, jedem Raum sein eigenes Feeling zu verleihen. Weiters ermöglicht die reichliche Leere an den Wänden ein „Befüllen mit sich selbst“ und Kommunikation zwischen den Arbeiten und den Besucher*innen kann stattfinden. Man kann Eintauchen in diese Bilder, sich dem Sog der blauen Farbtöne hingeben, Gedanken schweifen lassen… Beim Ausgang gibt dann noch ein kleines, oranges Bild einen fröhlichen Abschiedsgruß.
Wir bedanken uns für das Gespräch!

 

Fotocredits: KUVA GmbH
Beitragsbild: Petra Moser